Datei:2017 Phase 2 (54) Von Einigkeit keine Spur.pdf

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Von Einigkeit keine Spur Ein Statement des Conne Island fordert die radikale Linke heraus

Anlässlich einer öffentlichen Erklärung des Leipziger Kulturzentrums Conne Island (CI) im Oktober 2016 zum Umgang mit sexuellen Übergriffen unter anderem von Seiten Geflüchteter entbrannte eine bundesweite Diskussion. Die Stellungnahme provozierte viel hitzige Kritik, aber wenig alternative Analysen oder Lösungsvorschläge. In der Phase 2 führen die Gruppen Aktion 3. Welt Saar, [sic!], Demob, einige Redakteurinnen der Zeitschrift outside the box und der Berliner Club ://aboutblank die Debatte fort.


Der Schutz der Opfer geht vor – nicht der der Kultur

Klaus Blees, Roland Röder (Aktion 3.Welt Saar)

Eigentlich ist es ganz einfach. Der Schutz der Opfer, auch der potentiellen, geht vor. Diesbezüglich haben die Verantwortlichen des Conne Island richtig gehandelt. Wenn auch etwas spät. Das Erschreckende ist für uns neben den Taten vor allem die Ignoranz bei Teilen der Linken gegenüber diesen Taten und ihren Urhebern.

Wenn die Leute vom Conne Island schreiben: »Uns zur Problemlage so explizit zu äußern, fällt uns schwer, da wir nicht in die rassistische Kerbe von AfD und CDU/CSU schlagen wollen«

, so ist dies ein überflüssiges Zugeständnis an die linken KulturrelativistInnen, die jede Kritik am Verhalten von Flüchtlingen und Migranten als »rassistisch« denunzieren. Nein, wer sich auf die Seite der Opfer und der potentiellen Opfer stellt und potentielle Täter, die in bestimmten Herkunftsmilieus gehäuft auftreten, an Übergriffen hindert, ist nicht rassistisch. Frauen und alle, deren sexuelle Orientierung oder sonstiges Verhalten nicht ins Weltbild der Machos passt, sind kein Freiwild, auch nicht für die, die selber Opfer von Verfolgung sind. Opferschutz muss absolute Priorität haben, selbst wenn dazu drastische Maßnahmen wie rigorose Einlasskontrollen und restriktive Wahrnehmung des Hausrechts gehören.

Opferschutz steht über allem

»Gemeinsam zu feiern und im Zuge dessen wie von selbst eine Integration junger Geflüchteter im Conne Island zu erreichen, stellte sich als recht naiver Plan heraus.«

Die Verantwortlichen des Conne Island formulieren eine wichtige selbstkritische Erkenntnis, wenn sie auf ihre ursprüngliche Naivität verweisen. Und sie sind in der Lage, den Blick zu öffnen für eine wesentlich Ursache des sexistischen, zum Teil sich nicht auf verbale Anmache beschränkenden übergriffigen Verhaltens von Flüchtlingen gegenüber Frauen und LGBT (Lesbian, Gay, Bisexual und Transgender). Ganz richtig sprechen sie die »stark autoritär und patriarchal geprägte Sozialisation in einigen Herkunftsländern Geflüchteter« an. Allerdings drucksen sie herum, denn sie sagen nicht klar, dass diese Sozialisation vor allem eine islamisch geprägte ist, dass die betreffenden Herkunftsländer in erster Linie islamische Länder sind. Das hätten sie alles vorher wissen können, aber lieber eine späte Einsicht als keine. Wenn sie jetzt ausgerechnet wegen dieser Einsicht und daraus gezogener Konsequenzen von Linken angegriffen werden und nicht etwa wegen des vorherigen Versagens beim Opferschutz, sagt dies sehr viel aus über den Zustand einer kulturrelativistischen, durch ein falsches Verständnis von Multikulturalismus geprägten Linken.

Uns erinnert diese Entwicklung an einen relevanten Punkt in der Geschichte der Aktion 3.Welt Saar. In der Solidaritätsarbeit für Flüchtlinge waren wir mit patriarchalen Verhaltensweisen konfrontiert und haben lange geschwiegen, weil wir nicht eurozentristisch und paternalistisch sein wollten. Wir haben diese Muster entschuldigt, weil die Flüchtlinge aus einer anderen Kultur kommen und weil sie es schwer genug haben. Wir haben geschwiegen, wenn Männer das Wort führten. Wir ließen uns zu Hochzeiten einladen, obwohl wir wussten, dass die Ehen nicht freiwillig geschlossen wurden. Deshalb wurden wir aber nie kritisiert. Erst seit wir dies kritisch sehen, sind wir massiven Anfeindungen durch Linke und Multikulti-VertreterInnen ausgesetzt, gelten als NestbeschmutzerInnen und werden auch schon einmal als »rassistisch« oder »islamophob« beschimpft.

»Es ist rassistisch, Flüchtlinge per se als die Guten zu sehen.«

Die Angst davor, rassistisch zu sein, wenn man übergriffiges, patriarchal geprägtes Verhalten bei Flüchtlingen und Migranten entschieden, laut und unmissverständlich kritisiert und dagegen vorgeht, ist aber unbegründet. Andersherum: Es ist rassistisch, zu glauben, »die Araber, die Türken und andere sind halt nun mal so, das ist ihre Kultur und sie können nicht anders.« Es ist rassistisch, Flüchtlinge per se als die Guten zu sehen. Damit wird ihnen die Individualität, die Verantwortlichkeit für ihr Handeln abgesprochen. Es wird so getan, als hätten Fluchtgründe etwas mit gutem oder schlechtem Charakter zu tun, als gebe es nicht auch unter Menschen, die zur Flucht gezwungen sind, solche mit miesem Charakter; als würden Menschen, die in einem islamischen Milieu aufgewachsen sind, das Gelernte und Gewohnte einfach hinter sich lassen, sobald sie die Grenze zu einem nichtislamischen Land überschreiten.

Diese Bedrohungen sind nicht nur ein Problem von Diskotheken und linken Zentren. Sie haben sich drastisch gezeigt in der Kölner Silvesternacht 2015, auch wenn patriarchale Verhaltensweisen nicht per se ein »muslimischer Export« sind, sondern auch integraler Bestandteil der »deutschen Verhältnisse«. Betroffen sind aber nicht zuletzt Flüchtlinge selbst, denn in Flüchtlingsunterkünften stellt insbesondere ein Teil der männlichen muslimischen Flüchtlinge eine Gefahr für andere Flüchtlinge dar. Frauen, aber auch Schwule können sich nicht sicher fühlen. Es kommt immer wieder zu Übergriffen gegen christliche und »ungläubige« Flüchtlinge, so, als im August 2015 in einem Flüchtlingsheim im thüringischen Suhl Muslime einen afghanischen Flüchtling wegen angeblicher »Koranschändung« fast gelyncht hätten.


Linke stehen für Freiheit und Gleichheit. Sollten sie zumindest.

Wenn sich jetzt AfD, PEGIDA, Politically Incorrect und all die fremden- und flüchtlingsfeindlichen Netzwerke genüsslich die Hände reiben, im Glauben, die naiven linken »Gutmenschen« seien in der Realität angekommen, wenn sie in der Reaktion von Conne Island und anderen linken Zentren eine Bestätigung ihrer xenophoben Haltung sehen, so darf man sich dadurch nicht ins Boxhorn jagen lassen. Was die Rechten in ihrem Wahn glauben, darf nicht als Maßstab genommen werden, auch nicht mit umgekehrtem Vorzeichen. Es ist eine typische Masche der RechtspopulistInnen, Vorfälle in ihrem Sinne zu instrumentalisieren. Allerdings gelingt dies nur durch Herausreißen aus dem Zusammenhang. Wäre das Conne Island den umgekehrten Weg gegangen und hätte weiterhin, auf Kosten der Opfer des Übergriffs, Flüchtlingen einen Freibrief ausgestellt, wäre das nicht minder Wasser auf die Mühlen der RechtspopulistInnen gewesen.

Andersrum wird ein Schuh draus: Wenn die Missstände, die daraus entstehen, dass Flüchtlinge ihre Normen und auch Unwerte mitbringen, von der politischen Linken und der »Willkommensszene« nicht benannt werden, ihnen nicht begegnet wird, dann können sich die Rechten als die einzigen inszenieren, die diese Dinge beim Namen nennen.

Es ist die Aufgabe der politischen Linken, diese rechten Inszenierungen zu bekämpfen und zumindest zu schwächen. Dazu gehört auch, die realen Probleme zu benennen und patriarchale Verhaltensweisen von Flüchtlingen aus menschenrechtlicher Sicht zu kritisieren, statt der rassistischen Instrumentalisierung das Feld zu überlassen. So würden Linken, bei aller Unterschiedlichkeit, ihrem eigenen universalistischen Freiheits- und Gleichheitsanspruch gerecht. Drunter geht es nicht.

Die Autoren sind Mitarbeiter der Aktion 3.Welt Saar (www.a3wsaar.de). Die allgemeinpolitische Organisation arbeitet bundesweit und hat ihren Sitz im Saarland, wo sie im Vorstand des Flüchtlingsrates mitarbeitet. Einer der Autoren ist Fußballfan, der andere ist Klassikliebhaber. Beide sind Fleischesser, essen aber auch gerne Gemüse.

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