Datei:2014-01-22 Merzig Neujahrsempfang, Rede Hans Wolf.pdf

Aus Archiv der Aktion 3.Welt Saar
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Neujahrsempfang der Aktion 3.Welt Saar Mi, 22. Jan 2014, Merzig, Fellenbergmühle Hans Wolf – Vorstand

Es gilt das gesprochene Wort.


!„This land is your land, this land is my land“ – (Woody Guthrie)

Was trägt die Aktion 3. Welt Saar zur Teilhabe aller bei?

Lassen Sie mich einen kurzen – eine wirklich kurzen - Ausblick auf unsere Vorhaben werfen.

Ich werfe je ein Blitzlicht auf 5 unserer Arbeitsbereiche, in denen wir uns für mehr Teilhabe einsetzen:


Blitzlicht 1: ERNA goes fair – Für eine faire Landwirtschaft

ERNA steht für Nachhaltigkeit und Ernährungssicherheit. In diesem Projekt vernetzen wir Bauern, Naturschützer, 3. Welt Engagiert und – bundesweit einzigartig- Gewerkschafter.

Unser Ziel ist eine Landwirtschaft, die Nahrungsmittel für alle produziert und Abstand nimmt von dem Irrsinn, dass „unsere Kühe in Paraguay weiden und auf die Bauern im Senegal scheißen“. Aus Paraguay kommt billiges Soja, hier gibt es eine Überschussproduktion von Milch, die als Milchpulver nach Westafrika geht und dort Bauern in den Ruin treibt, weil sie damit nicht konkurrieren können. Bei diesem System „Landwirtschaft“ sind Bauern und Bäuerinnen überall die Gelackmeierten: In Paraguay, in Deutschland und im Sengal.

Deswegen arbeiten wir auf Bundesebene mit in dem Bündnis „Meine Landwirtschaft“ und waren im Trägerkreis der Agrardemo letzten Samstag in Berlin. Und 25.000 Menschen Mitte Januar in Berlin für eine bäuerliche Landwirtschaft auf die Straße zu bringen .... das kann sich sehen lassen.

Aber gut gemeint ist nicht immer gut gemacht. Wo Licht ist, ist auch Schatten. Überhaupt nicht gefallen haben uns Transparente und Aussagen wie: „Tier KZ“ oder bezogen auf den Megaschlachthof im niedersächsischen Wietze hieß es „Gruß aus Wietze – Europas größter Gaskammer“. Für uns ist dies nicht diskussionsfähig. Mit Nazi-Jargon kann man per se nicht für eine bessere, humanere Welt kämpfen. Das leidige „Wir meinen es doch gut“ gehört in die Toilette geworfen und dann lange abgedrückt.

Umso mehr hat es mich gefreut, dass die Milchbauern auf ihrem Symposium in Berlin eine klare Kante gezeigt haben und das Freihandelsabkommen ebenfalls in die Toilette warfen und abdrückten. Weg damit. Dieses Abkommen, das genau genommen nur mehr Freiheit für die großen global player bedeutet, nicht aber für uns alle, wird uns beschäftigen.


Blitzlicht 2: Der Faire Handel – Teilhabe oder Symbolpolitik?

Der Faire Handel verspricht Menschen in der sog. 3.Welt durch einen Aufpreis mehr Teilhabe. Deswegen betreibt die Aktion 3.Welt Saar seit über 30 Jahre – ups, eine lange Zeit - einen 3.Welt Laden. Aber wir müssen auch selbstkritisch zugeben, dass der Faire Handel vieles, was ihm angedichtet wird nicht leisten kann: -die Verbesserungen für Menschen in der 3.Welt sind marginal, weil die Wertschöpfung auch der Fair handels –Produkte anderswo erfolgt -die offene Gewerkschaftsfeindlichkeit von Fair Handels-Akteuren – siehe die Kooperation mit Lidl und Starbucks - ist kein Zufall. Während Starbucks Gewerkschaften bekämpft und Gewerkschafter in den USA raus wirft, wird der Konzern in Deutschland vom Fairen Handel gehypt – weil er fair gehandelten Kaffee anbietet. Ein gutes Marketing. Auch dass zwei der drei großen Fair Handels Akteure in Deutschland keinen Betriebsrat haben, ist kein Pluspunkt Letztlich kann der Faire Handel das Versprechen auf mehr Teilhabe nicht einlösen. Sich diese Realität einzugestehen, sollte möglich sein. Der Markt, in dem auch der Faire Handel agiert, ist nun mal brutal. Äußerst brutal. Mit good will ist es nicht getan. Was der Faire Handel leistet, ist, für wenige Menschen in der 3.Welt eine ganz kleine Verbesserung. Wenn man es zugespitzt ausdrücken will: Ein Almosen und Symbolpolitik. Wir versuchen, dieser Falle der Symbolpolitik dadurch zu entkommen, in dem wir über den Weltladen hinaus, andere Perspektiven politischer Intervention entwickeln. Übrigens: Wir diskutieren zur Zeit eine Veränderung im Weltladen. Wir freuen uns über Zuspruch und Engagement. Sprechen Sie mich oder meine Kolleginnen heute an.


Blitzlicht 3: Die subtile Ausgrenzung von Flüchtlingen und sonstigen ....anderen

Das Lager Lebach und die unsäglichen Lebensmittelpakete grenzen Flüchtlinge aus dem öffentlichen Leben aus. Sie machen sie zu Menschen 2. Klasse oder gar 3. Klasse. Für uns ist dies nicht hinnehmbar. Gemeinsam mit dem Saarländischen Flüchtlingsrat werden wir nicht locker lassen, diesen offensichtlichen Misstand aufzuzeigen und die Alternativen zu benennen.

Eine andere Form der Ausgrenzung geschieht mit Sprache. Haben Sie sich einmal gefragt, warum das Wort „Neger“ immer noch gebraucht wird. Warum es manche Menschen cool finden, dies zu gebrauchen. Obwohl damit vielen Hunderttausenden in diesem Land Schmerzen zugefügt werden. Sprache verletzt. Auch hier ist es mit „Ich meine es doch nicht so“ nicht getan. Andererseits lehnen wir auch einen sprachlichen Rigorismus ab, der sich als Sprachpolizei giert und dahin geht, den Begriff aus der Literatur und Kunst zu entfernen. Lange Rede, kurzer Sinn: Zu diesem Thema erscheint am 28. Februar eine unserer mittlerweile gefürchteten Flugschriften: Unter anderem als Beilage in der taz und in der jungle world. Lassen Sie sich überraschen. Im März bieten wir dazu auch zwei Veranstaltungen an. Schlussendlich werden wir uns mit mindestens zwei Veranstaltungen mit der so genannten europäischen Grenzschutzagentur FRONTEX beschäftigen. Sie steht für eine EU-Flüchtlingspolitik und dafür, dass Flüchtlinge erst gar nicht nach Europa kommen, sondern entweder in Afrika bleiben oder im Mittelmeer ihr Grab finden.


Blitzlicht 4. Islamisten halten Menschen von der Teilhabe ab

War der Einmarsch der französischen Armee vor einem Jahr im westafrikanischen Mali eine Wohltat oder neokolonialer Terror? Die Armee griff ein, wurde von Hunderttausenden in Bamako und sonstigen Regionen in Mali frenetisch begrüßt, weil sie Millionen Menschen real befreite von den alltäglichen Zumutungen islamistischer Terrorgruppen: Musik hören verboten, Kopftuchzwang, Rauchen und Alkohol verboten, bei Zuwiderhandlung wurden die Hände abgehackt, etc, etc, etc, Damit werden wir uns im Rahmen einer eigenen Veranstaltung im Juli beschäftigen. Im Rahmen einer Reihe zum Thema „Militarisierung“, die vom Ökumenischen Netz Rhein-Mosel-Saar initiiert wurde.


Blitzlicht 5: Erdrückende Hilfe - NGOs zwischen Hilfe und Hilfsbusiness

NGOs – also Nichtregierungsorganisationen stehen für das Versprechen auf Teilhabe aller an einer Gesellschaft und machen auch Projekte in der sog. 3.Welt. Damit werben sie Spendengelder ein und konkurrieren untereinander. Weil wir nach über 30 Jahren Aktion 3.Welt Saar auch über das Verfügen, was man gemeinhin Insiderwissen nennt, schauen wir im Rahmen eines Projektes etwas genauer hin und veröffentlichen unsere Rechercheergebnisse. Sie können Sie u.a. in unserer Flugschrift „Vorsicht, die Helfer kommen!“ nachlesen, die vorne ausliegt. Sie erschien im Dezember. Die Reaktionen sind enorm: Einige NGOs gingen dazu über und haben ALLE UNSERE 70 KOOPERATIONSPARTNER, die wir auf unserer Webseite nennen, angeschrieben und diese aufgefordert, jegliche Zusammenarbeit mit uns einzustellen, da wir rassistisch, kolonialistisch und rechts seien. Ebenso wurden Institutionen, bei denen wir Projektanträge stellen, aufgefordert, uns keinerlei Gelder mehr zu bewilligen. Nehmen Sie die Flugschrift mit, gerne auch mehr Exemplare und verteilen sie sie. Sie bleiben unerkannt. Den Ärger bekommen wir. Mit dem Thema Hilfsbusiness werden wir uns weiter beschäftigen und bieten dazu am 28. Februar im Filmhaus Saarbrücken eine öffentliche Diskussionsveranstaltung an. Plakate und Flyer liegen aus. Soweit meine 5 Blitzlichter.

Bevor ich nun unseren Gast, Alfred Staudt von ver.di begrüße, bedanke ich mich noch bei denen, die heute Abend dafür sorgen, dass alle hier kulinarisch teilhaben können an unserer heutigen Gesellschaft: Barbara Hilgers, Nicole Müller-Würth, Stefan Frank, Andrea Wolf Alfred Staudt ist – ich vereinfache dies mal – Vorsitzender von ver.di Saarland. Im letzten Jahr hat er sich den Unmut vieler im Politikbetrieb zugezogen, weil er aus dem Runden Tisch der Landesregierung zum Thema „Stellenabbau“ ausgetreten ist. Er vertritt die Auffassung: Verhandeln ja, aber eben auch nicht alles mitmachen. Runde Tische erscheinen mir mittlerweile eher als die Simulation von Demokratie. Im Saarland wird zur Zeit ein weiterer Runder Tisch installiert, der nennt sich „Heim – TÜV“ und soll allen Ernstes das Flüchtlingslager Lebach zertifizieren. Schön, dass der Saarländische Flüchtlingsrat dazu gesagt hat: Ihr könnt uns mal. Das macht ihr nicht in unserem Namen. Als vor drei Jahren der DFB und die DFL den Runden Tisch mit Fußballfans einseitig aufkündigten, war dies logisch. Der DFB merkte nämlich, dass die beteiligten Ultra-Gruppen es ernst meinten, ihre Hausaufgaben machten, ihren Laden im Griff hatten und auf Augenhöhe mit dem DFB über die Zulassung von Bengalos in Stadien verhandelten; z.B. in abgegrenzten Bereichen, so dass keine Gefährdung besteht. Dieser Runde Tisch wäre also mehr gewesen als die Botschaft „Schön, dass wir miteinander reden“. Er hätte eine Veränderung bewirkt. Dies war nicht vorgesehen, also wurde er vom DFB gekanzelt.

Ich hatte Ihnen versprochen, das Lied „This is your land, this is my land“ nicht zu singen. Ich weiß nicht, wie dies bei Alfred Staudt ausschaut. Gewerkschaften wirken oft langweilig, öde, verknöchert. Quasi müde, „wie eine Flasche leer“. Auch wir haben dieses Imageproblem. Es ist nicht einfach, jeden Tag eine neue Sau durch’s Dorf zu treiben. Die Forderung nach mehr Teilhabe ist nicht hipp und nicht cool. Eventcharakter hat sie auch nicht. Aber ohne Gewerkschaften wäre die Welt ärmer und manche von uns auch ganz konkret. Herzlich willkommen Alfred Staudt

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