Datei:2002-07-10 Dokumentation aktuelle Asylpolitik.pdf

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Originaldatei(1.240 × 1.753 Pixel, Dateigröße: 1,3 MB, MIME-Typ: application/pdf, 2 Seiten)

Dokumentation

Zur aktuellen Asylpolitik des Saarlandes und den anhaltenden Problemen des Innenministeriums im Umgang mit Fakten

verfaßt von Peter Nobert - Rechtsanwalt und Roland Räder-AKTION 3.WELT Saar Stand 10.7. 2002

Die Abschiebung von sieben Mitgliedern der Familie Özdemir aus dem Saarland in die Türkei im Nov'2001 sorgt bis heute für Proteste. Zuletzt versuchte das saarländische Innenministerium am 1. Juli, Tahsin Özdemir aus stationärer Behandlung aus der Psychiatrie in Merzig in die Türkei abzuschieben.

Bei der öffentlichen Rechtfertigung seiner Abschiebungen zeigt das saarländische Innenministerium einen problematischen Umgang mit Fakten. Oft müssen Diffamierungen und falsche Tatsachenbehauptungen als Begründung herhalten. Mittlerweile sind auch die behandelnden Ärzte in der Psychiatrie in der politischen Schußlinie des Ministeriums:

Beispiele 1. Bis heute bringt das Innenministerium die Familie Özdemir mit dem 11.9. in Verbindung und rechtfertigt damit die Abschiebung. In einem Schreiben vom 16. 11. 2001 heißt es, dass die durchgeführte Abschiebung „vor dem Hintergrund der aktuellen Bemühungen um die Innere Sicherheit weitere Rechtfertigung erhält." Am 18. Februar stellte das Innenministerium diese Behauptung selbst in das Gästebuch der Internetseite der Familie Özdemir; www.familie-oezdemir.de Konkrete Fakten bringt das Innenministerium nicht an.

2. Die Abschiebung platzte in laufende Gespräche zwischen der saarländischen Landesregierung (Peter Müller) und dem Präses der Rheinischen Landeskirche, Manfred Kock. Es bestand die Vereinbarung, bis zum Ende dieser Gespräche nicht abzuschieben und bei negativem Ausgang der Familie danach die Möglichkeit der freiwilligen Ausreise zu geben.

3. Am 31. Mai behauptet Hanne Grimm, Referatsleiter (85) im Innenministerium, in Anwesenheit von Innenministerin Kramp-Karrenbauer gegenüber der Schülerinitiative gegen Abschiebung (SigA), der älteste Sohn der Familie Özdemir, sei wegen PKK- Aktivitäten in der BRD als Flüchtling anerkannt worden. Richtig ist hingegen, dass das VG Saarland Emrullah Özdemir am 8. März anerkannt hat, wegen seines öffentlichen Eintretens für Kriegsdienstverweigerung; nachzulesen in der Urteilsbegründung. Von PKK-Aktivitäten findet sich nichts im VG-Urteil. Einen Beleg für seine Behauptung erbringt das Ministerium nicht.

4. Im Paulinus, der katholischen Zeitung im Bistum Trier vom 23.Juni, vertritt das saarländische Innenministerium die Auffassung die Familie Özdemir sei nicht wegen zwei Asylfolgeanträgen abgeschoben worden, sondern wegen der Ablehnung des Asylantrages. Dies ist nachweislich falsch. Am 2.6. und 24.8. 2001 schreibt die dem Innenministerium unterstellte Ausländerbehörde Lebach das Gegenteil und begründet die Abschiebung mit den zwei Asylfolgeanträgen. Sie nennt dies „schuldhafte Verzögerung der Abschiebung".

5. Am 3. und 4. Juli 2002 behauptet das Innenministerium in der Saarbrücker Zeitung, Tahsin Özdemir hätte sich selbst in die Psychiatrie eingewiesen, die Ärzte hätten sich bei der versuchten Abschiebung zur Kooperation bereit erklärt, das vorliegende Attest sei substanzlos gewesen und von Suizidgefahr sei bei der Festnahme keine Rede gewesen. (,,Gericht stoppt Abschiebung" und „Abschiebestopp wegen Zuwanderungsgesetz" unterwww.familie-oezdemir.de). Im Saarländischen Rundfunk bekräftigt Innenministerin Annegret Kramp-Karrenbauer ihre Tatsachenbehauptungen.

Die behandelnden Ärzte widersprechen dem Innenministerium öffentlich in allen Punkten (Saarbrücker Zeitung, 6.7."Keine Flucht in die Psychiatrie") und bezeichnen die Situation, der sie bei der versuchten Abschiebung ausgesetzt waren, als Nötigung.

Unsere Alternativen

Es ist die freie Entscheidung der saarländischen Landesregierung, ihre ausländerrechtlichen Spielräume für oder rigoros gegen Flüchtlinge zu nutzen. Konkret schlagen wir vier Alternativen vor:

1. Rücknahme der gezielt gestreuten Diffamierungen und Unterstellung gegen die Familie Özdemir und einzelne ihrer Mitglieder. Rückkehr zu einer sachlichen Gesprächsathmosphäre.

2. Abschiebemoratorimfür 6 Monate Dieses Moratorium kann jedes Bundesland gemäß §54 des Ausländergesetzes ohne Rücksprache mit der Bundesregierung erlassen. Diese 6 Monate sollten genutzt werden für eine humane Umgestaltung der saarländischen Flüchtlingspolitik.

3. Änderung des Erlasses vom 20.12.1999 „Bleiberechtsregelung für Asylbewerber mit langjährigem Aufenthalt" Insbesondere muß die Klausel gestrichen werden, wonach mehrere Asylnachfolgeanträge den Ausschluß aus der Altfallregelung nach sich ziehen. Diese Klausel wurde u.a. im Fall der Familie Özdemir angewandt.

4. Einrichtung einer Härtefallkommission Empfehlenswert ist die Einbeziehung von Wohlfahrtsverbänden. Die Möglichkeiten des Zuwanderungsgesetzes sollen für die Härtefallregelung genutzt werden.

Die Dokumentation wurde erstellt von: Peter Nobert, Rechtsanwalt von Tahsin Özdemir Roland Röder, AKTION 3.WELTSaar

Saarlouis, den 10. Juli 2002

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