Datei:1995-08-03 A3WS-Schreiben Oskar Lafontaine Mumia Abu-Jamal.pdf

An die Landesregierung - Staatskanzlei - Am Ludwigsplatz 14 6611 7 Saarbrücken

Sehr geehrte Damen und Herren,

wir bitten Sie, dem schwarzen US-Journalisten und Politiker Mumia Abu-Jamal politisches Asyl im Saarland anzubieten.

Wir gehen davon aus, daß Ihnen die Angelegenheit durch die breite Berichterstattung bekannt ist. Abu-Jamal soll am 17.August 1995 im US-Bundesstaat Pennsylvania hingerichtet werden. Er wurde 1982 von einem weißen Schwurgericht zum Tode verurteilt. Ihm wird vorgeworfen, einen Polizisten ermordet zu haben. Der nur zwei Tage dauernde Prozeß war von zahlreichen Verfahrensfehlern geprägt. Entlastungszeugen wurden nicht gehört, er durfte keinen Verteidiger seiner Wahl benennen, schwarze Geschworene wurden kurz vor Prozeßbeginn durch Weiße ersetzt. Obwohl die Tatwaffe nicht gefunden wurde und Zeugen eine von Abu-Jamal völlig abweichende Täterbeschreibung abgaben, wurde er zum Tode verurteilt.

Vor seiner Verurteilung machte er sich vor allem als Journalist einen Namen, der über Menschenrechtsverletzungen der Polizei gegenüber Schwarzen berichtete. Darin sehen wir auch den eigentlichen Grund für das Todesurteil. Es ist staatliche Rache an einem Andersdenkenden.

Wenn Sie Abu-Jamal im Saarland Asyl anbieten, wäre dies ein deutliches Signal gegen die geplante Hinrichtung und für die Wiederaufnahme des Verfahrens. Da sie bereits 1987 sieben zum Tode verurteilten Chilenen politisches Asyl im Saarland anboten, ist Ihnen diese Verfahrensweise nicht neu. Außerdem schlagen wir vor, diese Initiative auch im Bundesrat einzubringen und die Bundesregierung um das Gleiche zu bitten.

In der Hoffnung auf eine eindeutige politische Intervention Ihrerseits verbleiben wir mit freundlichen Grüßen

Roland Röder